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Rede der Bundesministerin Zypries auf dem Kongress

eingestellt von Christian BoulangerZuletzt verändert: 04.12.2007 14:07

Rede der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries (MdB), beim Empfang für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kongresses „Law and Society in the 21st Century: Transformations, Resistances, Futures“ am 26. Juli 2007 in Berlin (deutsche Übersetzung des auf Englisch gehaltenen Vortrags).

Sehr geehrter Herr Professor Feeley,
sehr geehrter Herr Professor Raiser,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich will es ganz offen sagen: Ich gehöre zur großen Mehrheit der Juristinnen und Juristen, für die das Recht mehr ein Handwerkszeug als eine Wissenschaft ist. Umso größer ist aber mein Respekt vor denjenigen, die als Wissenschaftler das lebende Recht in den Blick nehmen. Rechtssoziologen tun dies und deshalb ist nach dem klassischen Wort von Eugen Ehrlich die Rechtssoziologie die eigentliche Wissenschaft vom Recht. Ich freue mich sehr, dass aus allen Teilen der Welt so viele der „eigentlichen“ Rechtswissenschaftler zu diesem Kongress gekommen sind. Für Deutschland und Berlin ist es eine große Ehre, Gastgeber der „Law and Society Association“ zu sein. Ich begrüße Sie, meine Damen und Herren, vielmals zu dieser Konferenz und heiße Sie alle im Namen der deutschen Bundesregierung herzlich willkommen.

Meine Damen und Herren,
die Politik hat den Anspruch und den Auftrag, das Leben der Menschen zu regeln. Eine Politikerin, zumal eine Justizministerin, muss daher neben dem „law in books“ auch im Blick behalten, welche Wirkungen Gesetze in der Gesellschaft haben. Nur so kann sie ihre Aufgaben wirklich gut erfüllen. Eine der wichtigsten Aufgaben des modernen Staates ist es, die Sicherheit seiner Bürger zu garantieren. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war ein Nuklearkrieg zwischen Ost und West die größte Bedrohung. Hier in Berlin, in dieser geteilten Stadt, war diese Gefahr stets besonders deutlich zu spüren. Heute gibt es andere, neue Bedrohungen für unsere Sicherheit, insbesondere den internationalen Terrorismus. Politik und Recht müssen auf solche Veränderungen reagieren. Wir dürfen die neuen Gefahren nicht ignorieren. Wir dürfen aber auch unsere rechtsstaatlichen Grundsätze nicht preisgeben. Auch der Kalte Krieg und erst recht der 2. Weltkrieg waren enorme Bedrohungen für die westlichen Demokratien. Trotzdem haben sie während dieser Zeit die Bürgerrechte geachtet. Sicherheit und Freiheit gehören zusammen. Das sollten wir auch heute nicht aus den Augen verlieren.

Meine Damen und Herren,
Sie werden sich in den nächsten Tagen auch mit der Sicherheit im 21. Jahrhundert befassen. Und mit vielen anderen Facetten von Recht und seinen Auswirkungen auf die Gesellschaft. Ich meine, das Recht muss Schritt halten mit allen Veränderungen, die wir im Zeitalter der Globalisierung erfahren. Unsere Gesellschaften werden multi-ethnischer. Es gibt eine wachsende Pluralität der Religionen. Auch die Familienstrukturen, die Formen, in denen Menschen miteinander zusammenleben, werden vielfältiger. Das Recht muss sicherstellen, dass alle Menschen in freier Selbstbestimmung leben können. Es muss Diskriminierungen verhindern und ein friedliches, konfliktfreies Zusammenleben organisieren. Das ist eine große Aufgabe, und ich bin sehr dankbar, dass alle gesellschaftlichen Entwicklungen, die ich gerade genannt habe, auch Gegenstand Ihrer Konferenz sind.

In Deutschland stoßen Sie mit dieser Konferenz auf großes Interesse. Die Rechtssoziologie wird hier nicht nur von den großen Namen der Vergangenheit geprägt. Heute beteiligen sich drei der bedeutendsten deutschen Verfassungsrichter mit großem Engagement an diesem Kongress. Gerade die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat viele Bestimmungen unseres Grundgesetzes erst zum Leben erweckt. Sie hat die Politik angehalten, das geschriebene Recht zur praktischen Geltung zu bringen. Die vollständige rechtliche Gleichstellung von Männern und Frauen ist nur ein Beispiel dafür.

Ich wünsche Ihnen, meine Damen und Herren, heute noch einen schönen Abend und einen erfolgreichen Kongress. Als Politikerin bin ich sehr gespannt darauf, welche Erkenntnisse zu Recht und Gesellschaft dieser Kongress haben wird. Schließlich wissen wir seit Max Weber, dass auch Politik nur ein Handwerk ist. Ich hoffe daher sehr, dass dieser Kongress vielen Politikern auf der Welt helfen wird, ihre dicken Bretter erfolgreich zu bohren.

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