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"Der Kampf ums Recht"

Akteure und Interessen im Blick der interdisziplinären Rechtsforschung. Zweiter Kongress der deutschsprachigen Rechtssoziologie-Vereinigungen, 1.-3. September 2011, Universität Wien

„Alles Recht in der Welt ist erstritten worden“, hielt Rudolf von Jhering 1872 in Wien der seinerzeit unter Juristen weit verbreiteten Auffassung entgegen, das Recht erwachse einem „Volkgeist“ oder der allgemeinen Vernunft. Für Jhering dagegen war „Recht nicht bloßer Gedanke, sondern lebendige Kraft“, und das Ergebnis des Kampfes widerstreitender Interessen und politischer Aus­ein­ander­setzungen. Eine Vielzahl von Akteuren kämpft danach um das geltende Recht, manche für den Status Quo, andere für Veränderungen. Der Kampf, so Jhering, ist „die Arbeit des Rechts“, das Recht „kein logischer, sondern […] ein Kraftbegriff“.

Das Thema des Zweiten Kongresses der deutschsprachigen Rechtssoziologie-Vereinigungen knüpft an Jherings epochale Schrift „Der Kampf um's Recht“ an und will die Thematik, mit der Jhering die Rechtswissenschaft seiner Zeit herausforderte, interdisziplinär neu beleben. Welche Bedeutung hat die Vorstellung von Kampf, Dissens und Gewalt in der heutigen Rechtswissenschaft, die zwar einerseits vom Streit zwischen Prozessparteien, Lehrmeinungen und Gerichten lebt, sich aber in den vergangenen Jahren wieder verstärkt mit Fragen (außergerichtlicher) Konfliktbeilegung, der Aussöhnung zwischen Tätern und Opfern und Formen von auf Konsens statt Befehl gerichteten staatlichen Handelns beschäftigt? Welche Erkenntnisse halten die empirischen Wissenschaften wie etwa die Soziologie, Politikwissenschaft oder Anthropologie bereit, die den „Konflikt“ zum Thema haben? Wie laufen die Kämpfe um das Recht in Politik, Justiz, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Kultur – aber auch im privaten Bereich – heute ab? Lohnt es sich überhaupt noch, um das Recht zu kämpfen, um die Gesellschaft zu verändern?